Der mit einem Sir-Titel hochdekorierte Engländer Harrison Birtwistle geht mittlerweile auch schon stramm auf die Achtundachtzig zu. Was man aber ihm bzw. seinem jüngsten kompositorischen Output so gar nicht anhört. Alleine das für Bratsche und Violoncello komponierte „Duet for Eight Strings“ entwickelt aus spartanisch gesetzten Einzelklängen eine subversive Wucht und anspringende Dramatik, die nichts mit Altersmilde und entsprechender Routine zu tun hat. Dieses 2018 entstandene, nun weltersteingespielte Kammermusikstück ist denn auch das aktuellste unter den vier Birtwistle-Werken, mit denen das Nash Ensemble einmal mehr seine Souveränität im Umgang mit zeitgenössischer Musik unter Beweis stellt. Von der klassischen Klaviertrio-Besetzung (in dem 2011 komponierten und simpel mit „Trio“ bezeichneten Einsätzer) über „Pulse Sampler“ für Oboe und Percussion, das 2018 noch einmal bearbeitet wurde, bis hin zum „Oboe Quartet“ (2009/10) reicht da das facettenreiche und spannungsvolle Klangpanorama. Immerhin macht Birtwistle im „Trio“ aus seiner Bewunderung für den Expressionisten Arnold Schönberg kein Geheimnis. Und in dem archaischen, scheinbar einem alten Ritual abgelauschten „Pulse Sampler“ stimmt die Oboe eine Melodie an, die von Ferne an „A Love Supreme“ des großen Jazzsaxofon-Spiritualisten John Coltrane erinnert.

Guido Fischer, 29.01.2022

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