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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Luigi Marchesi, Anne-Marie Krumpholtz, Kateřina Veronika Cianchettini, James Cervetto

„A Souvenir from London“ (Arien)

Francesca Cassinari, Stile Galante, Stefano Aresi

Glossa/Note 1 GCD923531
(74 Min., 4/2021)

Repertoire wie das hier angebotene gelangt nicht leicht ins Blickfeld selbst einer interessierten Hörerschaft, wenn es nicht mittels erstklassiger Darbietung eine Punktlandung hinlegt. Eine solche glückte mit dem vorliegenden Album. Wir tauchen ein in die Welt der Londoner Salons vor der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Wir begegnen dort dem italienischen Kastraten Luigi Marchesi, in vielen europäischen Zentren berühmt geworden als Opernsänger in Werken von Giuseppe Sarti, Domenico Cimarosa, Josef Mysliveček und anderen zeitgenössischen Meistern. Ende der 1780er war er nach London gekommen und fand dort unter anderem Gelegenheit, zwei Sammlungen von je sechs Arietten in Druck zu geben, mit denen er zweifellos auch das begeisterte Salonpublikum vor Ort unterhalten hat: Es handelt sich um hübsche kleine Belcanto-Preziosen über Texte unter anderem von Pietro Metastasio, die Liebesfreud und Liebesleid thematisieren und in Folge der hiermit verbundenen starken Affekte zur Grundlage für hochexpressive Kantilenen wurden. Marchesi hat sich diese Arietten sicher selbst auf den Leib geschrieben: Delikate Koloraturen, effektvolle Chromatik und jähe Stürze ins Brustregister gehören zu den vokalen Ereignissen, die in den erwähnten Salons todsicher zu Entzückensseufzern und -ausrufen geführt haben.
Wie nähert man sich heute solch spezieller Gesangsliteratur? Kastraten sind nicht verfügbar, und sie müssen auch nicht immer zwingend durch einen Countertenor ersetzt werden: Mit der italienischen Sopranistin Francesca Cassinari, sonst vor allem in Renaissance-Ensembles wie der Compagnia del Madrigale zu Hause, haben sie eine ideale Interpretin gefunden. Cassinari beherrscht Marchesis Kantilenen perfekt, sie erweckt sie vom Text ausgehend sehr differenziert zum Leben und spielt dabei gekonnt mit den vielen Vorzügen ihrer Stimme. Koloraturen und Verzierungen machen ihr nicht die geringste Mühe, sondern werden – seien sie komponiert, seien sie improvisiert – stets perfekt gesteuert in den Dienst des Ausdrucks gestellt. Vom vibratofreien bis zum emotionsnah leicht vibrierenden Gesang reicht die Ausdruckspalette in puncto Stimmführung, und die erwähnten Brustregister-Effekte gelingen Cassinari stets mit Bravour. Kompetent begleitet wird sie von Andrea Friggi auf verschiedenen klanglich sehr idiomatischen historischen Tasteninstrumenten, ergänzt wird das Programm durch Musik für Harfe (von Anne-Marie Krumpholtz), zwei Celli (von James Cervetto) und Klavier (von Kateřina Veronika Cianchettini), die aus demselben salonmusikalischen Umfeld stammt wie die Arietten. Ein höchst unterhaltsames, rundes, interpretatorisch sehr gelungenes Programm.

Michael Wersin, 09.04.2022


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