Das Titelstück der fünften Einspielung des Composers’ Orchestra Berlin, kurz C.O.B., verdankt sich einer Beobachtung, die die Ensemblegründerin, Dirigentin und Flötistin Hazel Leach bei einem Flug nach London machte. Die in Warteschleifen kreisenden Flieger erinnerten sie an den Zustand ihres Orchesters während der Coronapandemie.
Das Album „Holding Pattern“ stellt eindrucksvoll unter Beweis: Die Musikerinnen und Musiker haben aus der Not des Lockdowns eine Tugend gemacht und sich im stillen Kämmerlein auf das besonnen, wofür das C.O.B. in besonderem Maße steht – für das Verfertigen abwechslungsreicher Kompositionen, die einem stilistisch sehr breit aufgestellten Kollektiv auf den Klangkörper maßgeschneidert werden.
Den Anfang macht Leachs „Do Not Go“, das sich in schönster Third-Stream-Pracht die Möglichkeiten des aus 31 Mitgliedern bestehenden Instrumentalisten-Pools mit klassischem, jazzigem oder generell nonkonformistischem Hintergrund zunutze macht. Dass das C.O.B. keine schnöde Big Band mit Streicherbeilage ist, zeigt sich im weiteren Verlauf der Aufnahme immer wieder: Anne Daus’ „Jetzt, schon und noch“ feiert in der Form eines Folk-Walzers das Leben, Heiko Kulenkampffs „Daught Abroad“ kombiniert einen lässigen Funk-Groove mit CTI-Streichersätzen, Fee Strackes „Teetisch (permuted)“ wiederum verbeugt sich mal melodisch zart, mal mit orchestralem Pathos vor dem Möbeldesign des Bauhaus-Schöpfers Erich Brendel.
Christian Korthals’ „Der ungetanzte Tango“ weckt Erinnerungen an Astor Piazzolla, Daniel Meyers düsteres „Sacred Birds“ experimentiert mit dem Hip-Hop-Rhythmuskonzept des Swag, Tom Dayans „To Begin at the Beginning“ ist der Vorlage eines Hörspiels von Dylan Thomas entsprechend eine vielstimmige Angelegenheit mit einem lustvollen Gruß Richtung New Orleans. Auch in den Stücken von Agustin Strizzi (die leichtfüßig krummtaktige Sternenhimmelvertonung „Nuñez“) und Dirk Strakhof (der schleichende „Maskenball“) zeigt sich die Spezialität des C.O.B.: Es gibt keine Festlegung auf einen speziellen Sound. Und so hört man eben nicht nur wie im Jazz üblich Saxofone, Trompete oder Klavier solieren, sondern regelmäßig auch Davis Wests Geige oder Benjamin Königs Tuba.
Wenn man Hazel Leachs Titel-Komposition „Holding Pattern“, den zwischen Anspannung und Vorfreude vibrierenden Albumabschluss hört, möchte man dem Ensemble die Daumen drücken, dass es seinen programmatischen Reichtum wieder regelmäßig vor Publikum präsentieren kann.
Josef Engels, 28.05.2022
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