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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Hans Werner Henze

„Ode“ (Werke für Cello und Orchester)

Isang Enders, WDR Sinfonieorchester Köln, Jonathan Stockhammer, Lin Liao

Berlin Classics/Edel 0302768BC
(69 Min., 2&3/2022)

In seinen 86 Lebensjahren hat Hans Werner Henze einen Werkkatalog geschaffen, der sich nicht nur dank seiner Opern, Sinfonien und Kammermusiken sehen lassen kann. Der schon früh aus dem Fünfziger-Jahre-Avantgarde-Zirkel verstoßene und daraufhin für immer ins italienische Paradies entflohene Komponist entwickelte sich zu einem antidogmatischen Wanderer zwischen Tradition und Moderne, der das Freitonale genauso anzapfte wie den Jazz, Agit-Prop-Elemente oder Monteverdi. Doch im Gegensatz zur Postmoderne stellte Henze seine musikalische Offenheit nicht offen aus. Vielmehr verarbeitete er Anleihen aus der Musikgeschichte, als wären es geheime Botschaften. Wie etwa in seinen sechs „Englischen Liebesliedern“, die 1985 für Cello und Orchester entstanden sind. So gibt es da einen Satz, in dem sich in das albtraumhaft-gespenstische Gesamtklanggewebe eine Cello-Melodie hineinschleicht, als wäre sie einst für Viola da gamba komponiert worden. An anderer Stelle meint man Tango-Anleihen aus dem brodelnden Orchesterdickicht herausfiltern zu können. Solche akustischen Spuren bilden aber jetzt verblüffende Ausnahmen. Denn ein ungemein beklemmend anmutender, von heftigster Seelenpein verhangener Grundton bildet die Klammer um die nun eingespielten, immerhin zwischen 1953 und 1997 entstandenen Kompositionen für Cello und Orchester. Das gilt für die „Ode an den Westwind“ mit ihrem stockendem (Cello-)Atem genauso wie für „Introduktion, Thema & Variationen“ (1992). Und die „Trauer-Ode für Margaret Geddes“, die Henze für Cello-Sextett geschrieben hat, scheint wie aus der (glühend-expressionistischen) Schönberg-Welt ins Hier und Jetzt gefallen. So anspruchsvoll diese Anti-Virtuosen-Stücke für jeden Ausdrucksmusiker sind, so gelingt Isang Enders nun meisterlich nicht nur die Balance zwischen Empfindung und Hochspannung. Zugleich kostet er zusammen mit dem WDR Sinfonieorchester Köln als idealem Partner auch jene Momente aus, in denen Henze das Cello auf Herz und Melos abgeklopft hat.

Guido Fischer, 15.10.2022


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