So kannten wir Marius Neset noch nicht. Der norwegische Saxofonist bewegt sich auf „Happy“ fröhlicher und frecher im Bereich der anspruchsvollen Fusion als auf früheren Produktionen. Seine vormaligen Platten verblüfften zwar auch mit einer ausgebufften Mischung aus Jazz, Rock, Folk, einem Hauch Avantgarde und virtuosen Saxofonklängen. Aber was ist nun anders? Nesets virtuose Fähigkeiten als Saxofonist blieben unverändert. Er bläst so facettenreich wie eh und je, bringt aber mehr Humor ins Geschehen. Im Titelsong täuscht er mit glockenklingendem Säuseln seichte Hintergrundmusik an, doch diese überführt er in eine fröhlich vertrackte Spielerei aus Fusion-Basis, Calypso-Annäherungen und einem piepsigem Pop-Souljazz-Derivat.
Ähnliches hat er früher auch gemacht, aber bei Weitem nicht so augenzwinkernd fröhlich. Mit „A Hand to Hold“ mischt er sentimentale Ballade für Flügel und Tenorsaxofon ins Geschehen. Ansonsten nähert er sich in den meisten Titeln vergnügt den Klischees der Fusion, durchbricht sie mit Soundscherzen, mit überraschenden Wendungen oder mit Vintage-Keyboard- und Bass-Sounds. Das rumorende „The Unknown“ verrät, dass er sowohl Frank Zappa als auch Dutzende von Fusion-Discs gehört hat. Kunstvoll veralbert er in „Kingdom“ die höfische Zeremonienmusik, wird im nahtlos anschließenden „Hearts“ versöhnlich, lässt den Keyboarder Elliot Garvin, den Pianisten Magnus Hjorth, den Elektrobassisten Conor Chaplin und den Schlagzeuger Anton Eger in „Island“ allein grooven und klinkt sich in „Diamonds“ mit dem Sopransaxofon wie eine aus dem Nebel aufsteigende Gestalt mit virtuos verschlungenen Linien wieder ein. Diese vier Titel bilden eine hübsche, kleine, Suite. Dass diese in einer pseudo-historischen Hallspielerei mündet, passt zum „Happy“-Konzept.

Werner Stiefele, 12.11.2022

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