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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Wolfgang Amadeus Mozart, Georges Bizet

„Don Giovanni“, KV 527 (trans. für Klavier solo)

Cyprien Katsaris

NIFC/Note 1 NIFCCD141142
(155 Min., 8/2021) 2 CDs

Cyprien Katsaris zählt zu den führenden und produktivsten Pianisten Frankreichs. In seiner über 50-jährigen Weltkarriere spielte er mit allen großen Orchestern und Dirigenten und produzierte an die 100 Alben, wobei er neben dem originalen Klavier-Repertoire sich stets auch für virtuose Transkriptionen einsetzte, so etwa die Lisztsche Klavierfassung der Sinfonien Beethovens, die er als erster überhaupt einspielte.
Jetzt hat der 71-jährige Weltbürger eine weitere monströse Rarität ausgegraben, die selbst Mozart-Experten unbekannt sein dürfte: Im Jahr 1866 übertrug Georges Bizet die gesamte Partitur der Oper „Don Giovanni“ für Klavier solo, und publizierte sie bei Heugel in Paris. Katsaris hat nun diese zweieinhalbstündige Tour de Force in Warschau aufgenommen und so den Schöpfer der Erfolgsoper „Carmen“ auf ungewöhnliche Weise gewürdigt. Meine anfängliche Befürchtung, dass Bizet sich übernommen haben könnte, diese „Oper aller Opern“ für zehn Finger zu bändigen, aber erwies sich schon nach wenigen Takten der hochdramatischen „Introduktion“ als unangemessen, denn es gelingt ihm schon hier auf schier unerklärliche Weise, Mozarts komplexen Orchestersatz plus aller beteiligten Stimmen so kongenial zu verdichten, dass man selbst als Kenner der Materie nichts Wesentliches vermisst, sondern erstaunt feststellt, dass hier im Klaviertext sogar die Singstimmen klar vom Orchester abgesetzt sind, und dass man die sinfonische Komplexität der Partitur noch deutlicher und prägnanter erlebt.
Die zweite Sensation ist aber Katsaris’ souveräne Umsetzung der schier unspielbaren Materie. Denn auch er kennt Mozarts Oper so gut, dass er wirklich alles dransetzt, um auch die atmosphärische Dichte und die metaphysischen Dimensionen dieser tragischen Komödie so zwingend nachzuzeichnen, als erlebten wir eine Bühnenaufführung. Er weiß genau, an welchen Stellen er bestimmte Akzente setzen muss, um dem Zuhörer die innere Vielfalt und Ereignisdichte der Mozartschen Komposition zu vermitteln, und so erlebt man das komplexe Geschehen hier fast noch intensiver und detailgenauer: Wo etwa hört man den verebbenden Herzschlag des sterbenden Komturs prägnanter als in dieser kongenialen Transkription? Es gibt hier unzählige solcher erhellenden Details. Und die Todesszene des Titelhelden geht einem auch hier durch Mark und Bein.
Allerdings ist die Reihenfolge der Musiknummern nicht ganz korrekt: Die große, für Wien nachkomponierte Arie der Elvira erfolgt hier als Nr. 5 bereits im ersten Akt, während sie im Original als Nr. 21b erst kurz vor dem 2. Finale erklingt. Dieser Fauxpas aber trübt den exzellenten Gesamteindruck des Unternehmens kaum: Es ist eine wirklich sensationelle Entdeckung eines großartigen Pianisten.

Attila Csampai, 08.04.2023


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