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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Eine Opernproduktion der Luxusklasse: Mit einem Ensemble aus elf Gesangssolistinnen und -solisten, fast alle mit mehreren Rollen betraut, etwa zwanzig Instrumentalistinnen und Instrumentalisten sowie einem knapp 30 Personen starken Chor nähert sich Hervé Niquet der Tragédie en musique „Ariane et Bacchus“ von Marin Marais (1656–1728). Das Projekt wurde im Rahmen von umfassenden Forschungsarbeiten zum Musikleben am französischen Hof in der Barockzeit verwirklicht: „Ariane et Bacchus“ war bisher unveröffentlicht und erblickt damit wohl erstmals seit ihrer Entstehungszeit wieder das Licht der Welt.
Die Aufführung hat den Anspruch einer historisch stichhaltigen Rekonstruktion u.a. der originalen Orchesterbesetzung; sie atmet, spürbar für die Nachhörenden am heimischen CD-Spieler, den Pionier-Geist der Wiederentdeckung, lebt aber gleichzeitig auch von der Erfahrung und Routine, die gerade Hervé Niquet mit Projekten dieser Art bereits in Fülle hat. Man kann sich also, bewaffnet mit dem französisch-englischen Textbuch und nach Lektüre der Synopse, dieser flüssigen, lebendigen, aus einem Guss daherkommenden Aufführung anvertrauen und eine Menge Genuss daraus ziehen. Will man mehr wissen über die Stilistik, die Zeitumstände und näheren Bedingungen von Entstehung und Erstaufführung, muss man definitiv mehr Informationen suchen als das Beiheft sie bietet – aber als Ausgangspunkt für die eigene Recherche ist der enthaltene Einführungstext eine wichtige Hilfe.
So sehr die instrumentale Ebene durchweg mit Prägnanz, Plastizität und Klangschönheit dem Ohr der Hörenden schmeichelt, so gewöhnungsbedürftig ist mit Blick auf die Vokalsoli, dass besonders viele der Frauenstimmen durchweg mit heftigem Vibrato agieren – der Affekt steht hier deutlich über der reinen stimmlichen Ästhetik. Im Falle vieler der männlichen Soli bedingt die Notwendigkeit, sich permanent in puncto Lautstärke und Textverständlichkeit durchzusetzen, häufig einen eher harten, brustigen Stimmeinsatz, der für das Live-Erlebnis einer Bühnenproduktion wohl typisch, für das Hören einer Aufnahme jedoch bisweilen gewöhnungsbedürftig ist.

Michael Wersin, 15.04.2023


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