Dominic Miller sagt, er habe viel von Sting gelernt. In den Jahren, in denen er in dessen Band Gitarre spielte und für den Rockstar komponierte und arrangierte, reifte sein Verständnis für den Aufbau eines Songs, seiner Harmonien und das Zusammenwirken von Strophen, Refrains und dem Übergang zwischen beiden. Den acht Stücken des Albums „Vagabond“ kommt dies zugute, indem diese wie Lieder ohne Worte wirken, in denen die Gitarre oder das Klavier die Rolle des Sängers übernimmt. Mit einer Spielzeit von nicht mal 33 Minuten knüpft die Disc zudem an die neueren Gepflogenheiten in der Musikproduktion, in der Künstler und Plattenfirmen auf kürzere Formate setzen, die sogar die Dauer einer Langspielplatte aus den 1960ern noch unterbieten.
Wahrscheinlich gäbe es durchaus noch Menschen, die trotz der Zap-Möglichkeiten der Streamingdienste länger als eine halbe Stunde bei einem Album von Dominic Miller geblieben wären – die von weichen Klängen einer akustischen Gitarre geprägte Musik lohnt es allemal. Miller widmet mit „Mi viejo“ seinem Vater eine stimmungsvolle Soloballade, an die sich das Quartett mit „Lone Waltz“ organisch anschließt. In „Open Heart“ untermalt Synthesizerraunen das einleitende, in Bögen gegliederte Gitarren- und das ähnlich aufgebaute Pianosolo von Jacob Karlzon. Er und Miller kommunizieren auch eng in „Cruel But Fair“ über dem dunklen Elektrobass von Nicolas Fiszman und der Besenarbeit von Ziv Ravitz. Diese beiden prägen „Clandestin“ mit harten Schlägen und wuchtigen, am Nachklang gehinderten Bassklängen und bereichern damit die insgesamt besinnliche Atmosphäre der in vielem an Rock- und Folkrock erinnernden Disc. Die Melodien und die Arrangements lassen weder Sting noch einen anderen Sänger vermissen. Als Bandleader hat sich Dominic Miller schon seit seinem ersten Album unter eigenem Namen von ihnen emanzipiert.

Werner Stiefele, 29.04.2023

---

Diese CD können Sie kaufen bei:

---

---

---

Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.

---