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N° 1355
27.04. - 08.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Christlieb Siegmund Binder

Binder & Clavecin Roїal. Chamber Music At The Dresden Court

Ricardo Magnus, Ensemble Klangschmelze

Etcetera/Note 1 KTC1753
(66 Min., 7/2021)

Die Geschichte dieses Albums beinhaltet zunächst einmal ein Stück Klavierbaugeschichte: Im Zentrum steht das „Clavecin Roїal“, ein heute außerhalb von Fachkreisen vergessenes Klavierinstrument. Nur wenige, ca. 15 Exemplare sind erhalten, wohl keines davon ist spielbereit, und an allen sind im Laufe der Zeit bauliche Veränderungen vorgenommen worden. Deshalb hat die Instrumentenbauerin Kerstin Schwarz nach umfangreichen Recherchearbeiten ein solches Instrument nachgebaut – erstmals in der modernen Klavierbaugeschichte. Musikhistorisch gesehen ist das „Clavecin Roїal“ relevant seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, erste Exemplare wurden Ende der 1770er Jahre von Johann Gottlob Wagner gebaut. Interessant und für das Hörerlebnis auf diesem Album aufschlussgebend ist einerseits die Stoßmechanik auf Basis von hölzernen, unbelederten Hammerköpfen, andererseits die Vielzahl von modifizierenden Kniehebeln und Pedaltritten. Letztere sorgen dafür, dass ein „Clavecin Roїal“ nicht nur wie ein Kielflügel, sondern auch wie eine Harfe, eine Laute oder ein Hackbrett klingen kann. Wichtig ist auch, zu wissen, dass die Seiten nicht automatisch, sondern nur durch Betätigung eines Kniehebels gedämpft werden.
Mit diesem Basiswissen kann man sich nun der Musik auf der Aufnahme widmen, die nicht bekannter ist als das verwendete Soloinstrument: Es handelt sich um Trios und Quartette des Dresdner Hoforganisten Christlieb Siegmund Binder (1723–1789) – reizvolle, solistisch besetzte dreisätzige Kammermusik-Perlen, die die Klangqualitäten des „Clavecin Roїal“ gut zur Geltung zu bringen vermögen. Anfangs muss eine gewisse Einhör-Zeit mit Geduld überstanden werden, denn der oft ungedämpfte Saitenklang erzeugt eine akustische Wolke, die unserem heutigen Bedürfnis nach Klarheit und Prägnanz nicht entgegenkommt. Auch sind wir es kaum gewohnt, harfen- und hackbrettartige Klänge mit dem viel fokussierteren und direkteren Streicherklang zusammenzuhören. Mit der Zeit jedoch öffnet sich kaleidoskopartig ein Erlebnisraum voller fein differenzierter Sinnesreize, der auf durchaus ungewohnte Weise zu erfreuen vermag. In diesem Sinne ist diese Album-Produktion mit all dem dafür betriebenen Aufwand eine wirklich erfolgreiche Angelegenheit, und sie bringt der Hörerschaft ein ganz ungewöhnliches Stück Instrumentenbau- und Musikgeschichte auf sehr angenehme Weise zur Kenntnis.

Michael Wersin, 13.05.2023


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