Über zehn Jahre ist es her, dass die kanadische Sängerin und Pianistin Laila Biali zum letzten Mal einen Jazzstandard auf einem ihrer Alben interpretierte. Bei der Rückkehr zu ihren Wurzeln nach einer Reihe eher pop-orientierter Aufnahmen spielten jetzt ihre Fans eine buchstäblich entscheidende Rolle. Via soziale Medien gaben sie 150 Songwünsche aus dem Jazz-Kanon an Biali ab, aus denen sie für „Your Request“ zehn auswählte.
Angesichts des teilweise zu Tode gecroonten und gescatteten Materials schlägt sich die Kanadierin mit ihren Arrangements beachtlich. Anstelle betulicher Swing-Grundierung setzt sie auf krumme Takte (etwa bei „Bye Bye Blackbird“), sehnige Samba-Rhythmik („But Not For Me“) oder an Ahmad Jamals „Poinciana“ gemahnende Calypso-Grooves („Pennies From Heaven“), wofür sie mit Bassist George Koller und Snarky-Puppy-Drummer Larnell Lewis die perfekten Erfüllungsgehilfen hat.
Eine Reihe von Gaststars wie die Klarinettistin Anat Cohen, der Mundharmonika-Virtuose Grégoire Maret oder Vokalist Kurt Elling sorgen bei dem Programm für zusätzliche Abwechslung, wobei vor allem der nicht ganz so bekannte Kelly Jefferson an Tenor- und Sopransaxofon für bleibende Eindrücke sorgt. So bläst er unter anderem mit großer Leidenschaft in der dank des 6/8-Pulses herbstlich frischen „Autumn Leaves“-Version das alte Laub von den Notenblättern.
Während die verhaltensunauffälligen Duette mit den kanadischen Gesangskolleginnen Emilie-Claire Barlow und Caity Gyorgy die Frage aufwerfen, warum Biali nicht die große Landsmännin Holly Cole gefragt hat (zumal Bialis „Blame It On My Youth“ auch von Cole hätte stammen können), erweist sich der gänzlich unbesungene Albumabschluss als feine Überraschung. Da verpasst Biali am Klavier dem Standard „All The Things You Are“ mit ihren Mitstreitern an Sax, Bass und Schlagzeug eine ordentliche instrumentale Vitaminspritze. My request: gerne mehr davon!

Josef Engels, 17.06.2023

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