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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Franz Schubert

Die schöne Müllerin

Konstantin Krimmel, Daniel Heide

Alpha/Note 1 ALP929
(70 Min., 3/2022)

Das hervorstechende Merkmal, das die Liedinterpretationen des Baritons Konstantin Krimmel prägt, ist des Sängers erfreulich vollkommene technische Beherrschung seines opulenten Stimmmaterials. Freilich wäre das allein noch kein unanfechtbares Qualitätsmerkmal, stellte Krimmel sein materielles und technisches Potential nicht kompromisslos in den Dienst von Sprache und Ausdruck. Dies indes tut er stets ganz unmittelbar im Akt der singenden Wiedergabe von Schuberts Müllerinnen-Liedern: Die Gestaltung der Kantilenen folgt, so erleben es zumindest Hörerin und Hörer, nicht einer vorab detailliert festgelegten Idee, sondern es bleibt viel Raum für das direkte Miteinander von Textgehalt – sei es emotional, sei es intellektuell – und sängerischer Umsetzung.
Dies umfasst im Fall der vorliegenden Einspielung nicht nur gestalterische Nuancen auf dynamischer, agogischer und klangfarblicher Ebene, sondern beinhaltet auch den kreativen Umgang mit Schuberts Melodien. Ganz im historisierenden Sinne nämlich bringt Krimmel immer wieder kleine Auszierungen an: Häufig sind es spielerische Diminutionen der komponierten Linie, manchmal sind es ausdrucksrelevante Veränderungen einzelner Töne, gelegentlich – so in der Steine-Strophe des ersten Liedes – gibt es statt Diminutionen auch Reduktionen der Schubert’schen Melodie, im genannten Fall zur sinnenfälligen Verdeutlichung der Schwere und Unbeweglichkeit von Steinen. All das bisher Gelobte könnte natürlich immer noch Schnickschnack-Charakter haben, gäbe es nicht ein schlüssiges Gesamtkonzept für die Darbietung, das den persönlichen Weg des Müllers vom kraftstrotzenden, in seinem Gefühlsleben überschwänglichen Burschen zum verzweifelten Suizid-Kandidaten glaubhaft macht. Auch in diesem Punkt reüssiert Krimmel, ebenso perfekt wie unaufdringlich unterstützt von seinem kongenialen Begleiter Daniel Heide, in überzeugender Weise. Die Verzagtheit des jungen Mannes ist am Ende förmlich mit Händen zu greifen. Das allmähliche Verstummen aller Zuversicht und Lebensfreude wird auf beklemmende Weise zur Realität für die Hörerschaft. Auf diese Weise hat das Lied eine Zukunft: Als Spiegel der menschlichen Seele, künstlerisch überhöht und gleichzeitig übersetzt in eine emotionale Wirklichkeit, die auch für Menschen der Gegenwart nachvollziehbar und erlebbar ist. Keine Attitüde, keine alten Zöpfe, sondern unverstellte Wahrhaftigkeit. Gerade das ist Kunst.

Michael Wersin, 26.08.2023


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