„Auf einem persischen Markt“ von Albert William Ketèlbey fand sich als Single im Schallplattenschrank meiner ansonsten nicht gerade Orchestermusik-affinen Eltern. Ich habe das als Kind oft gehört und war ganz vorbehaltsfrei fasziniert von diesen orientalisch anmutenden Klängen, die einen in eine fremde, ferne Welt zu tragen schienen. Heute lässt mich die Erinnerung daran schmunzeln: Wie verführerisch ist doch gut gemachte Musik, wenn man nicht erwartet, dass sie mehr transportiert als nur Atmosphärisches und Unterhaltendes. „Auf einem persischen Markt“ ist im vorliegenden Ketèlbey-Rezital, das das BBC Concert Orchestra unter Martin Yates im Jahre 2022 liebevoll interpretiert auf den Tonträger gebracht hat, nicht enthalten, dafür aber ein bunter Strauß anderer Werke aus den Jahren 1913 bis 1938. Ob die „Descriptive Indian Romance“ mit dem Titel „Wildhawk“ heute überhaupt noch allenthalben als politisch korrekt durchgehen würde, sei dahingestellt. Tatsache ist indes, dass die Musik sich niemals allzu ausführlich einem Genre andient. Gewiss, wenn es irgendwie östlich wird wie in „A Japanese Carnival“, dann sind Quartenparallelen und Pentatonik zu hören, ganz ähnlich wie sich das etwa bei Puccini (auf entsprechend höherem Niveau verarbeitet) auch findet. Aber „Wildhawk“ pendelt sich, ganz unbelastet vom Programm, das der Komponist mitlieferte, nach wenigen Momenten ein in jene Behaglichkeitszone, in der alles mit allem austauschbar ist. Kurzum: Ketèlbeys Tondichtungen sind gut gemachter Kitsch, und wenn ihr Schöpfer damit glücklich war, dann sei’s drum – reich ist er sicher geworden.

Michael Wersin, 09.09.2023

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