Georg Friedrich Händels weltberühmtes Oratorium „Messiah“, uraufgeführt 1742 in Dublin, ist eine jener barocken Partituren, die sich durch eine besonders fluide Werkgestalt auszeichnen. Das hängt in diesem Falle mit dem besonderen Erfolg des abstrakt glaubensstark das Phänomen Jesus Christus einkreisenden Opus zusammen. Händel selbst, ein Aufführungspraktiker höchsten Maßes, nahm jede der durchaus zahlreichen Vorstellungsserien bis 1750 in Irland wie England zum Anlass, zu feilen und zu verfeinern, zu kompensieren oder ausführlicher zu werden. Und natürlich wollte er auch seinen jeweils wechselnden Sängern, etwa dem Altkastraten Gaetano Guadagni, in die Kehle komponieren. So ist auch das jüngste Album des Händel-Bestsellers ein Kompendium, ein Pasticcio, aber eben aus insgesamt sieben Händel-Originalen.
Am Pult des bei Konzerten in der Kathedrale von Coventry eingespielten Hit-Oratoriums stand einer der aktuellen Lieblingsdirigenten seines Labels, der wahrlich universelle John Nelson. War er dort in den letzten Jahren vor allem mit einem hervorragenden, stetig wachsenden Berlioz-Zyklus beschäftigt, so stellt er doch hier – mit dem herrlich frisch, kompakt und doch transparent singenden wie spielenden English Concert – neuerlich seine klassisch umfassende Barockkompetenz unter Beweis. Die vergisst trotz großer Linien nie die historisch informierte Detailarbeit, kann rasen und erfüllend meditativ sein.
Ebenfalls aus dem Berlioz-Team ist der baritonal grundierte Tenor Michael Spyres dabei. Lucy Crowe singt mit fleischigem Sopran, Alex Potter als leichter Altcounter. Der ebenfalls schlanke Matthew Brook ist für die Bassbeilagen zuständig. Und als lohnende Extras gibt es nicht nur das Konzert als DVD-Bonus, sondern auf den CDs auch noch acht Alternativarien. So kann sich jeder seinen Wunsch-Messiah zusammenstellen.

Manuel Brug, 25.11.2023

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