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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Dario Castello, Giovanni Battista Fontana, Girolamo Frescobaldi, Claudio Monteverdi, Lauro Rossi, Giovanni Maria Trabaci, Francesco Turini

Anno 1630 (Sonaten, Toccaten, Motetten u.a.)

Enrico Onofri, Lorenzo Ghielmi, Margret Köll

Winter & Winter/edel 910 091-2
(75 Min., 7/2002 - 9/2002) 1 CD

Oft sind es die musikgeschichtlichen Übergangszeiten, deren chiaroscuro spannender ist als das Schwarzweiß späterer Vollendung. Das gilt auch für die Schwelle von der Renaissance zum Barock, der diese "Anno 1630" betitelte CD gewidmet ist.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatte das vom Humanismus inthronisierte Subjekt mit seinen Leidenschaften auch in der Musik die Herrschaft übernommen. Die Verbindlichkeiten des Kontrapunkts hatten abgedankt, und der uomo universalis nutzte seine Freiheit dazu, universalen Wildwuchs hervor zu bringen. Die Wonnen exzessiver Chromatik, die heute fast verstörend wirken, wenn sie wie in Michelangelo Rossis Toccata settima, auf einer mitteltönigen Orgel erklingen. Die Virtuosität jenseits stereotyper Figuren in den Violinsonaten von Giovanni Battista Fontana oder Monteverdis Konzertmeister Dario Castello. Und die Beziehungen zwischen Sprache und Musik, die die "seconda pratica" erforschte.
Die Grenze zwischen instrumentaler und vokaler Rhetorik wird dabei porös. Ein Geiger, so sagte man, muss singen können - nicht nur auf der Geige. Der als Primarius des Ensembles Il Giardino Armonico bekannte Enrico Onofri kann. Sein dunkel timbrierter Tenor klingt in der Höhe etwas angestrengt, und auch die Koloraturen rollen nicht so mühelos aus der Kehle wie die Läufe von den Fingern. Doch das liegt auch an der Risikofreude der Interpretation, die der ätherischen Distanz vorzuziehen ist, an man sich bei geistlicher Musik durch britische Ensembles gewöhnt hat. Dass das klug komponierte Programm bei aller Intimität der Stimmung sehr sinnlich ausfällt, ist auch dem farbigen Continuo Lorenzo Ghielmis und Margret Krölls zu danken.
Am Schluss treffen die beiden wichtigsten Komponisten jener Zeit aufeinander. Monteverdis "O quam pulchra es" wird eingebettet in Frescobaldis "Cento partite sopra passacagli", so dass der Lobpreis der weiblichen Schönheit der Psalmvertonung mit der wortlosen Aufzählung melodischer Schönheiten in erhellende Beziehung tritt. Die letzten Variationen wirken so fast wie eines der nachsinnenden Postludien in Schumanns "Dichterliebe".

Christian Möller, 01.09.2007


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