Die Polonaise, ital. „Polacca“, oder einfach: polnischer Tanz, scheint seine Berühmtheit den sieben großen Beiträgen zu dieser Gattung zu verdanken, die durch Frédéric Chopin auf uns gekommen sind. Der Schein trügt. Dass die Tradition der Polonaise weit größer ist, wird zwar niemanden verwundern. Welche Fülle polnischer Kleinmeister des 18. bis 20. Jahrhunderts Cyprien Katsaris hier versammelt, muss aber doch in Erstaunen setzen. Besser: in Entzücken.
Historisch vor und zurück geht es in der offenbar sehr persönlich gehaltenen Kollektion des heute 72-jährigen Katsaris – der, nachdem es jahrzehntelang etwas stiller um ihn geworden war, erst kürzlich für Aufsehen sorgte (mit Werken von sonst vernachlässigten Chopin-Zeitgenossen). Von dem Militär- und Nationalhelden Tadeusz Kościuszko (1746-1817) bis zum französischen Reber-Schüler Władysław Żeleński (1837-1921) reicht das historische Kaleidoskop. Die oft beiläufig klingenden, gelegentlich entspannt wie Spieluhren abschnurrenden Werke weisen eine pittoreske, allen Zeitläuften scheinbar widerstehende stilistische Konsistenz auf. Die Zeit scheint stehen geblieben in diesem Tanz.
Das herrliche Geplänkel etwa in der Polonez G-Dur des aus dem 18. Jahrhundert stammenden Karol Kurpiński lässt noch nichts Militärisches erkennen, so wie man dies bei Chopin selbst antrifft – oder auch in der „Polonaise martiale“ des im Übrigen unbekannten Edmund Makomaski. – Die Promenade im Dreiertakt, um die es sich bei dem polnischen Nationaltanz eigentlich handelt, gibt es ebenso als Halbminüter wie als knappen Viertelstünder. Die Polonaisenmischung erweist sich als köstliches Promenadenmischmasch. Unbedingt habenswert.

Kai Luehrs-Kaiser, 06.04.2024

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