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N° 1355
27.04. - 04.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Bach und Telemann werden in der heutigen Rezeption ja manchmal geradezu als „natürliche Feinde“ inszeniert: Bachs vollbarocke Komplexität und Telemanns empfindsame Leichtigkeit lassen sich trefflich gegeneinander ausspielen. Wie nahe sie sich, ganz ungezwungen, auch kommen können, zeigt das Programm dieses Albums, das unter dem Stichwort „Himmelfahrt“ zwei Bäche mit einem Telemann vereint. Telemanns Himmelfahrtmusik ist mit ihrem Entstehungsjahr 1721 sogar die älteste der drei Kompositionen, aber auch zu jener Zeit pflegte er besonders in seinen Arien schon einen leichtgängigeren Stil als sein Kollege, was beim ersten Höreindruck zunächst auf harmonischer Ebene erlebbar ist und sich bei näherer Betrachtung bis in die „Architektur“ der Stücke hinein verfolgen lässt. Bei Bach hingegen begegnen wir gleich in der ersten Arie von BWV 11 („Ach, bleibe doch, mein liebstes Leben“) der vollen Größe seiner faszinierenden Arien-Kunst – vor allem weil wir diese Arie stets auch im Lichte ihrer späteren Umgestaltung zum „Agnus Dei“ der h-Moll-Messe hören und, wenn wir uns intensiver beschäftigen, auch noch einbeziehen, dass beide Versionen auf eine verschollene Erstfassung von 1725 zurückgehen. Bach parodiert nie leichtfertig – diese Dreiecksbeziehung ist ein staunenswertes Beispiel dafür.
Vox Luminis geht die Interpretation dieser drei Werke gemeinsam mit dem Freiburger Barockorchester mit jener Souveränität an, die zum Markenzeichen des Ensembles gehört: Man schöpft aus dem Vollen der versammelten erstklassigen Gesangskräfte, die aus ihren so üppig qualifizierten Reihen auch die Soli bravourös bestreiten: Sebastian Myrus etwa ist ein brillanter Basssolist bei Bach wie bei Telemann, Raphael Höhn – seit einiger Zeit auf einem wahren Höhenflug! – erfreut als Tenorsolist, um nur zwei Protagonisten zu nennen. Die also jederzeit solo-fähigen Spitzenkräfte bilden einen Spitzenchor, dessen gleichzeitig homogener wie auch individuell durchgestalteter Sound sich aufs Nahtloseste mit demjenigen des ebenfalls spitzenmäßig besetzten FBO mischt – indem Vox-Luminis-Chef Lionel Meunier, seit jeher als Bassist Teil seiner Vokalisten, sogar noch Blockflöte spielt. Das ist barocke Musizier-Praxis, wie sie sicher auch Bach und Telemann gefallen hätte.

Michael Wersin, 13.04.2024


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