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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Peter Iljitsch Tschaikowski

Sinfonie Nr. 5

Wiener Philharmoniker, Valery Gergiev

Philips/Universal 462 905-2
(46 Min., 7/1998) 1 CD

Man fragt sich wirklich, warum Walerij Gergijew auf jedem PR-Foto immer so finster über seinen sorgsam kultivierten Fünf-Tage-Bart hinwegblickt: Er hat doch eine nahezu beispiellose Karriere gemacht für einen russischen Dirigenten, hat das Kirow-Theater samt Orchester wieder auf die Landkarte gesetzt und arbeitet mit den Top-Orchestern dieses Planeten zusammen!
Zum Beispiel 1998 in Salzburg, mit den Wiener Philharmonikern - dies ist der Mitschnitt eines Konzerts, welches den Kollegen von der Wiener “Presse” zu dem grammatisch anfechtbaren Jubelruf verleitete: “Das Publikum tobte wie bei Karajans Zeiten.” Aber so wird’s wohl gewesen sein, und man hört’s sogar am Ende der CD, kaum dass der letzte Akkord verklingen konnte - denn Gergijew geht in die entgegengesetzte Richtung wie seine Vorgänger Mrawinskij und Swetlanow, die Tschaikowskis Sinfonik entpathetisierten, “nüchtern” und “schlank” auf ihre musikalische Substanz zurückführten. Hier brodeln wieder die Leidenschaften, trumpft das Pathos auf, wühlt ein Zerrissener namens Tschaikowski in seinen Gefühlen - und doch ist der Vergleich mit Karajan unangebracht. Denn in dieser Aufnahme klingt alles nicht nur “groß”, sondern auch echt; es geht nicht um philharmonischen Glamour, sondern um wahre Gefühle, und das reißt mit.
Nehmen wir zum Beispiel den zweiten Satz. Dessen sehnsuchtsvolle Hornmelodie plustert sich nicht auf, sie singt so natürlich, als atme sie nur. Dann werden alle Täler und Höhen durchmessen, bis hin zum ohne jedes Selbstmitleid verdämmernden Schluss des Satzes. Vielleicht gebricht‘s der folgenden Valse ein wenig an Charme, aber ihre Detailgenauigkeit bei natürlichem (wenn auch straffem) Fluss leuchtet dennoch ein. Auch der problematische Finalsatz wird so differenziert und leidenschaftlich gegeben, dass kein Gedanke aufkommt an das übliche hohl-repräsentative Schließen, an das “Pfauenrad”. Es ist wahr, das Repertoire braucht nicht unbedingt eine Neuaufnahme von Tschaikowskis Fünfter - aber wenn sie so gelingt (übrigens auch aufnahmetechnisch), sei sie willkommen.

Thomas Rübenacker, 01.09.2007


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