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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Peter Iljitsch Tschaikowski

Klavierkonzerte Nr. 1 u. 3

Konstantin Scherbakow, Russische Philharmoniker, Dmitry Yablonsky

Naxos 8.55 7257
(69 Min., 3/2003) 1 CD

Was ist nur mit den aktuellen, russischen Super-Virtuosen los? Ausgerechnet bei Tschaikowskis berühmtesten Schlachtross, dem 1. Klavierkonzert op. 23 wollen sie vom Ritt auf der Rasierklinge nichts wissen. Schon Arcadi Volodos ließ erst kürzlich bei dem Live-Mitschnitt aus der Berliner Philharmonie die Finger von hoch geputschter Akkordarbeit, von sich überschlagenden Doppeloktavstrecken im Dauer-Fortissimo. Und auch Konstantin Scherbakows Neueinspielung zeigt sich da ähnlich ernüchternd. Das Pathos wird radikal im Zaum gehalten, es fegt kein epischer Sturm durch den Finalsatz, sondern wird gleichsam verkörpert. Denn obwohl Scherbakow auf sein manuelles Rüstzeug vertrauen kann, mit dem er jeden und alles schwindelig spielen könnte, setzt er es stets bei vollem Bewusstsein ein. Die Innen- und Außenspannungen strotzen nur so vor gestochen scharfer Kontur, ohne jedoch dabei akademisch-intellektuell zu verkrampfen. So besitzen die arabesken Girlanden im 2. Satz Charme und eine swingende Leichtigkeit im Mittelteil, die im dritten Satz mit der immer wieder einfallenden Klarinettenstimme eine lässige Gerwshin-Schlagseite suggeriert. Und auf der Zielgeraden geht es dann schließlich eher sehnig statt Muskel bepackt zu.
Dass Scherbakow hierfür mit Dmitry Yablonsky einen Dirigenten mit Rückgrat gefunden hat, der die schwärmerischen Streicher und die aufgeregten Bläser wieder schnell einfangen kann, kommt auch dem einsätzig gebliebenen Klavierkonzert Nr. 3 op. 75 zugute, dessen überlieferte Sätze Nr. 2 und 3 von Tschaikowskis Schüler Sergei Taneyew orchestriert wurden. Die aus einer verworfenen Sinfonie stammenden Keimzellen sind so brillant wie süffig - wenngleich man auf den genialen Funken vergeblich warten muss. Immerhin verwandelt Scherbakow diese Oberflächenreize in ein erstklassiges Showpiece - bei dem er selbst im gigantisch hochfahrenden und ausschlagenden Finale nicht Temperament mit Tumult verwechselt.

Guido Fischer, 01.09.2007


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