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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Die Vokalmusik von Johann Sebastian Bach steht bei den englischen Alte Musik-Ensembles nicht gerade an erster Stelle. Man hat dort eher eine Händeltradition, darüber hinaus selbstverständlich vor allem die durch zahlreiche Spitzenensembles repräsentierte brillante Renaissancemusikkultur. Hervorstechende Ausnahme: John Eliot Gardiner. Er hat nicht nur durch seine Cantata Pilgrimage, deren Früchte derzeit sukzessive erscheinen, sondern auch durch seine schnell in den Rang von Belegeinspielungen vorgerückten Produktionen der großen Chorwerke Bachs sein hervorragendes Gespür für dessen Musik unter Beweis gestellt. Es ist darum eigenartig, dass John Drummond, der Verantwortliche für die "BBC Proms", im Jahre 1990 nicht ihn, sondern Harry Christophers bat, dem von ihm festgestellten Mangel an Bachpräsenz bei diesem Klassikfestival durch Aufführung einiger Bachkantaten abzuhelfen. Christophers besorgte sich für diesen Zweck ein hervorragendes Orchester mit Roy Goodman als Konzertmeister bzw. Violinsolist (zu genießen in der Sopranarie von BWV 147), Crispian Steele-Perkins als ersten Trompeter und Paul Nicholson als Continuo-Organist – wahrhaft eine famose Truppe, die ihr Handwerk zweifellos versteht, wie man hört. Ein weniger glückliches Händchen hatte er bei der Auswahl der Vokalsolisten: Gillian Fisher mag als Bachsopranistin angehen, aber der hier polterig-pompöse Bassist Michael George ist, wenn überhaupt im Barock, dann doch wohl bei Händel besser aufgehoben. Auch Ian Partrigde, der bewährte Lied- und Ensembletenor, kann mit Bachs Melodiebögen, mit dessen musikalischer Ausdruckswelt, ja auch mit dem deutschen Text nicht besonders gut umgehen. Und der Altist David James – nun ja, er vermag das Niveau dieser Interpretation wahrlich auch nicht zu heben. The Sixteen, Harry Christophers’ Chor, macht seine Sache nicht schlecht, aber zu besonderer Prägnanz bringen es die bewährten Kräfte – darunter Sally Dunkley und Mark Padmore (!) – in Bachs Polyphonie nicht. Text und Musik z. B. wachsen nicht überzeugend zusammen ... Insgesamt eine merkwürdige Veranstaltung.

Michael Wersin, 01.09.2007


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