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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Antonio Casimir Cartellieri

Bläsersextette

Consortium Classicum, Dieter Klöcker

MDG/Naxos 301 1177-2
(76 Min., 8/2003) 1 CD

Der in Diensten des böhmischen Fürsten und Musikkenners Franz Maximilian von Lobkowitz in Wien zu Ansehen gekommene Cartellieri dürfte mittlerweile kein ganz Unbekannter mehr sein. Verantwortlich dafür zeichnet Klaus Hövelmanns Freiburger Kollege Dieter Klöcker, der bekanntlich nicht nur einer namhaftesten Klarinettisten unserer Zeit und Begründer des Consortium Classicum ist, sondern auch und vor allem ein Ausgrabungsspezialist für Werke jener revolutionären Umbruchszeit zwischen dem "klassischen" 18. und "romantischen" 19. Jahrhundert.
Sein vehementes und restlos überzeugendes Plädoyer für den vergessenen Cartellieri begann Klöcker mit Aufsehen erregenden Klarinettenkonzerten; nach den Bläserquartetten lassen nun die Bläsersextette den Hörer erneut verwundert fragen, wie eine derart wertvolle Musik so lange ungespielt in Archivkellern hat schlummern können (stammte sie von Mozart oder Beethoven, dann würde die Musikwelt von den Entdeckungen selbstverständlich in der Tagesschau erfahren).
Die drei zu höfischem Divertissement geschriebenen Werke für jeweils doppelt besetzte Klarinette, Horn und Fagott respektive Kontrabass besitzen die handwerkliche Meisterschaft des vollstimmigen Satzes, gewürzt mit überraschenden harmonischen und rhythmischen Einfällen und eigenartig chromatischen, der böhmischen Volksmusik entlehnten Passagen, offenbaren eine über weite Strecken höchst eigenständige Tonsprache - ähnlich derjenigen Franz Berwalds, einem anderen "Außenseiter" dieser Achsenzeit. Zwar lassen sich auch epochen- und gattungstypische Verwandtschaften zu den drei Wiener Klassikern erkennen, aber das Charakteristische jenseits der Konvention überwiegt. Von Epigonentum kann jedenfalls keine Rede sein, im Gegenteil: der aufbegehrende, bald weitaus berühmtere junge Beethoven schaute sich (etwa in seiner ersten Symphonie) manches unkonventionelle Wagnis von seinem Zeitgenossen und Kollegen ab.
Das gewohnt technisch-makellos aufspielende, in jeder der sechs Stimmen zu virtuosen Höchstleistungen geforderte Consortium geht mit spürbarer Spielfreude an diese Trouvaillen heran. So garantiert Klöckers Truppe einmal mehr eine höchst kurzweilige, mitunter - wie die Menuette und der Schlusssatz der ersten "Parthia" zeigen - auch witzige, augenzwinkernde Unterhaltung.

Christoph Braun, 01.09.2007


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