harmonia mundi 907392
(62 Min., 10/2005) 1 CD
Nur wer diese Stücke kennt, weiß, was ein Pianist leidet. Ein Ungetüm und noch eines. Hier die Händel-Variationen, dort die Paganini-Variationen. Beide ausgestattet mit riesigen Krakenarmen. Und selbige braucht man eigentlich auch, um diese Stücke zu bewältigen. Denn sie sind, mit einem Wort, grauenhaft ungünstig gesetzt; der gute Brahms war wohl doch ein gemeiner Mensch, dazu einer, der sein orchestrales Denken aufs Klavier übertrug. Vor allem seine Auseinandersetzung mit Händels Thema hat ihn angestiftet zu wahren und ausufernden Kaskaden aus Tönen und Akkorden. Aber was soll’s, wenn man jemanden hat, der all diese Hürden einfach ignoriert und wie eine Gazelle drüberhüpft. Olga Kern heißt die junge Dame, und man wundert sich schon über gar nichts mehr bei ihr. Bereits ihre Einspielungen von Rachmaninows vertrackter zweiter Sonate und Balakirevs "Islamey" waren berückend, sie waren virtuos und poetisch, obsessiv und schön; immer beides in einem. Das gleiche Bild nun bei den Brahmsen (wobei die Variationen über ein Ungarisches Lied mit den beiden genannten Titanenwerken kompositorisch nicht wirklich mithalten wollen). Da paart sich eine federgleiche Leichtigkeit mit einer Fülle an in die Tasten gestemmten romantischen Sehnsüchten, dass man nur hinwegschmelzen möchte. Der Anschlag ist dabei nicht schwammig oder überschwänglich, die Tempi sind ausgeklügelt, in sich schlüssig, die dynamischen Proportionen fallen nicht aus dem Rahmen, kurz: alles scheint kontrolliert, in absoluter Balance zu sein. Aus dieser überlegenen Position heraus aber entwickelt Olga Kern eine Interpretation, die durch ihren rhapsodischen Gestus besticht, mithin durch die Freiheit der gestalterischen Mittel. Etwas überspitzt formuliert: Nur wer diese Aufnahme kennt, weiß, wie schön die Welt sein kann, und sei es nur für eine Stunde.
Jürgen Otten, 22.09.2007
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