Ondine/Note 1 ODE11622
(73 Min., 5/2009)
Das Klavier hatte Robert Schumann bis zu seinem allerletzten Atemzug bei sich – er starb in der Endenicher Heilanstalt über zwei Choralbearbeitungen. Wer so in seinem Leben Trost und Glück am Klavier fand, und zwar mit sich alleine und im Reinen, der konnte durchaus auf die Gesellschaft eines Orchesters verzichten. Mit seinem einzigen Klavierkonzert hatte Schumann auf diesem Gebiet daher so ziemlich alles gesagt. Doch auch, wenn danach noch zwei eher virtuos angelegte Werke für Klavier und Orchester entstanden, steckt in ihnen gleichermaßen diese magnetisch anziehende, lyrische Episodik und herbe Farbigkeit. Erstaunlicherweise führen die "Introduction und Allegro appassionato" op. 92 von 1849 sowie das "Konzertallegro mit Introduktion" d-Moll op. 134 immer noch ein stiefmütterliches Dasein. Mit Tzimon Barto hat sich jetzt nicht nur einer dieser immer noch weit unter Wert angesehenen Top-Pianisten für diese Werke eingesetzt. Barto nimmt das Jähe und Seelenbewegte mit einer packenden Ernsthaftigkeit, die an das Schumannspiel Swjatoslaw Richters heranreicht.
Für die Rehabilitierung dieser Spätwerke hat Barto aber auch mit Christoph Eschenbach und dem NDR-Sinfonieorchester das große Los gezogen. Wie man gemeinsam allein die romantische Poesie in der langsamen Einleitung von op. 92 atmen und in dieser Ruhe weihevoll aufblühen lässt, ist höchste Musizier- und Gestaltungskunst. Und was für visionär moderne Tiefen tun sich in den (solistischen) "Geistervariationen" auf, denen man bislang gerne eine eher spröde Zähflüssigkeit attestiert hatte. Mit solchen Vorurteilen räumt Barto gnadenlos auf, er entfaltet dieses letzte, vollendete Klavierwerk Schumanns gedankenvoll, aber eben nie gedankenschwer. Gleiches gelingt ihm übrigens auch im pianistischen Doppel mit Eschenbach – in den "Sechs Etüden in kanonischer Form", die Schumann für Pedalflügel geschrieben hatte und die hier in einem Arrangement für zwei Klaviere von Claude Debussy zu hören sind.
Guido Fischer, 08.05.2010
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