RCA/Sony Music 88697 65877-2
(182 Min., 8/2009-1/2010) 3 CDs
Ein Gedenkjahr hat doch sein Gutes, wenn es Neues zutage fördert. Neues von Schumann?! Konnte man bislang seine Werke für Klavier und Orchester, also "das" Klavierkonzert und die beiden Konzertstücke op. 92 und 134, auf einer einzigen CD nach Hause tragen, so wird man künftig sage und schreibe drei Scheiben benötigen. Das haben wir dem Russen Lev Vinocour und dem Österreicher Johannes Wildner zu verdanken, die in Archiven Sankt Petersburgs, Berlins und Düsseldorfs gleich mehrere (weitgehend) unbekannte Gattungsbeiträge (samt Instrumentationen fremder Werke) aufgespürt und erstmals eingespielt haben. Am Schicksal der a-Moll-Phantasie von 1841, die Schumann zum Eröffnungssatz seines berühmten Klavierkonzertes umgestaltete, sowie dem "ganz curiosen" (dreisätzigen) Konzertstück op. 86, das in der Version für vier Hörner bekannt ist, wirkten Schumanns Verleger so nachhaltig wie zweifelhaft mit, lehnten sie doch schlicht deren Veröffentlichung ab und verurteilten sie so zur Schubladen- respektive Archivexistenz. Während beide Werke dringend aufs heutige Konzertpodium gehören, dürfte das bereits im Winter 1829/30 komponierte 4-minütige Fragment, das den späteren "Abegg"-Variationen op.1 zugrunde liegt, kaum den Weg aus dem Archivstaub heraus finden. Analoges ist wohl auch dem noch recht sperrigen, Ideen mehr suchenden als findenden dreisätzigen F-Dur-Klavierkonzert von 1832 beschieden, dessen Skizzen Vinocour in akribischer Puzzlearbeit zusammenflickte und instrumentierte. Nicht mehr ganz so unbekannt ist der d-Moll-Konzertsatz von 1839, den Jozef de Beenhouwer bereits 1986 rekonstruierte und den Vinocour jetzt nach den letzten Erkenntnissen der Neuen Schumann-Gesamtausgabe einrichtete. Schumann selbst war bekanntlich auch ein fleißiger Instrumentator, so 1834 beim a-Moll-Konzertsatz seiner angebeteten Clara (dem späteren Finale ihres Klavierkonzertes op. 7) und bei Adolph von Henselts Klavierkonzert f-Moll op.16, das der 1814 im bayerischen Schwabach geborene, als Hofpianist der Zarin zu Adelsehren gekommene Pianist Anfang der Vierzigerjahre schrieb. Das gehaltvolle, gleichzeitig hochvirtuose 35-minütige Opus (das bereits Hamelin/Brabbins glanzvoll einspielten) unterzog Schumann – warum eigentlich? – einer Orchesterrevision, die ihn bald zur Vollendung des eigenen Vorzeige-Opus 54 bewog. In diesem wie auch in Henselts Werk rangiert Vinocour mit seiner spannungsgeladenen, kontrolliert emphatischen Gestaltungskraft ganz oben auf der Liste der großen Romantik-Interpreten. Da auch die Wiener Radiosymphoniker (trotz eines mulmigen Klangbildes) einen grundsoliden Job machen, verdienen diese ihre Schumann-Trouvaillen auch über das Geburtstagsjubeljahr hinaus gebührende Beachtung.
Christoph Braun, 29.05.2010
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