DHM/Sony BMG 88697 11571-2
(68 Min., 03/2007)
Wer bisher noch glaubte, die Blockflöte sei ein Instrument für das von Gedankenblässe angekränkelte Musizieren im dilettierenden Familienkreis, den lehrt Dorothee Oberlinger unverhofft noch andere Dimensionen. Nicht weniger als sechs Blockflöten, verschieden in Typ, Bauart und Klangcharakter, setzt sie ein: für Meister Corelli und seinen Schüler Geminiani; für einen (vermeintlichen?) Vivaldi, hinter dem hier wohl ein echter Chédeville steckte; für zwei Sammartini-Sonaten, deren Noten ein amerikanischer Forscher für die Oberlinger und diese CD herausrückte, bevor er selbst sie veröffentlichte; schließlich noch für einen geheimnisvollen "Signore Detri". Die Meister des musikalischen Barock waren mit ihrer Violine dem Zauber des menschlichen Kunstgesangs auf der Spur und übertrugen die Formeln auch auf die Blockflöte, damals die große, beliebte Antipodin der Geige, die alternative Primadonna unter den Soloinstrumenten. Die Oberlinger kann die Flöte der Inbrunst beten und Staccatogewitter entfesseln, sie knüpft Perlenketten und wirft sie aus zu Girlanden oder lässt die Funken fliegen, je nachdem. Einmal, bei einer Corelli-Sonate, dringt sie im Einvernehmen mit dem Bassflötisten in den Grenzbereich experimenteller Klangmixturen und Schwingungen vor. Fundierende Klangbasis und Gegenpart mit Eloquenz: Die Basso-continuo-Gruppe, drei Mitglieder der Sonatori de la Gioiosa Marca. Ein Vergleich Oberlinger – Paganini wäre wohl anachronistisch. Aber vielleicht hat sie an der Bartoli eine vokale Schwester im Geiste.
Karl Dietrich Gräwe, 20.10.2007
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