Hyperion/Note 1 CDA68030
(74 Min., 3/2013)
Bei diesem Hamelin-Recital fragt man sich irgendwann, zu welcher Jahreszeit man es eigentlich hören soll. In sommerlichen Abendstunden verbreitet es Tristesse. Und in den regnerischen Herbst- und dunklen Wintertagen potenziert es gnadenlos den Stimmungs- und Seelenblues. Dabei zeigt Marc-André Hamelin doch ungemein beeindruckend, wie nuancenreich man sich in Piano- und Pianissimo-Bereichen bewegen kann. Und die von ihm poetisch geschlagenen Bögen sind zugleich so kostbar wie sublim. Aber exquisitestes Klavierspiel ist das Eine und die ausgewählte Musik das Andere. Und da bietet Hamelin nicht einfach romantisch Angenehmes, sondern fast durchgehend Verstörendes, als große Fragezeichen hinter dem Leben.
Wenngleich die gesamte zweite Hälfte von Hamelins Programm von Schumann und seinen beliebten Vignetten-Sammlungen „Kinderszenen“ und „Waldszenen“ eingenommen wird, steckt ihnen gnadenlos die Last und die Bürde in den Gliedern, die den Grundton der vorausgegangenen Klavierstücke ausmachen. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach Schumann hatte der Tscheche Leoš Janáček den ersten Band seiner Sammlung „Auf verwachsenem Pfade“ veröffentlicht, mit der er in zehn Stücken auch persönliche Schicksalsschläge in einer schlichten und doch so erschütternd bitteren Weise verarbeitete. Und selbst wenn einmal etwas naiver Charme und folkloristisches Flair durchzublitzen scheinen, zieht prompt wieder dunkles Gewölk auf. In jeder Note und Geste spürt man, wie fasziniert Hamelin von dieser merkwürdigen Klangwelt ist – weshalb er sie zugleich in den Schumann-Sammlungen zu spiegeln versucht. Aber als Seelentrostpflaster gibt es ja wenigstens den aufgeweckten „Hasche-Mann“ (Kinderszenen) und die „Freundliche Landschaft“ (Waldszenen).
Guido Fischer, 11.10.2014
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