Cavi/harmonia mundi CAVI8553266
(58 Min., 3/2013)
Hört man das Tetzlaff-Quartett Mendelssohns op. 13 spielen, kann man so seine Zweifel bekommen am Image vom Berliner Sonnyboy Felix. Die Erregung, die den jugendlichen Heißsporn bei der Arbeit erfasst hat, als er sich auf die Fersen seines großen Idols Beethoven heftet und Motive und ganze Strukturideen kopiert aus op. 95-135, sie klingt weniger freudig als nervös. Während seine Musik nach vorn prescht, beschwippst von der eigenen Brillanz, wirft Tetzlaffs Mendelssohn fortwährend unsichere Blicke zurück: Vielleicht beruht die Euphorie ja auf bloßer Illusion, vielleicht ist das Eis viel zu dünn, um so ausgelassen drauf zu tanzen. Und so verkrampft sich unser Held ein wenig. Sein Lächeln umspielt ein leichtes Zucken, Zweifel nagen an seinem stolzen Genie. Ist das überhaupt noch der Mendelssohn, den wir kennen?
Der Grund für Mendelssohns Verunsicherung ist schnell benannt. Er sitzt am ersten Pult des Tetzlaff-Quartetts, spielt dort Geige, und er spielt sie so, als würde er der Welt nicht vertrauen: Christian Tetzlaff, fraglos einer der besten deutschen Geiger seit Generationen, aber auch einer der kompliziertesten. Mit seinen Skrupeln hat Tetzlaff auch den Rest des Ensembles angesteckt: Jede noch so kurze Note wirkt leicht angekränkelt, zittert und bebt, sie atmet unruhig, als sei noch hinter der schönsten Kantilene irgendein Unheil im Anflug. Das Ergebnis ist eine hoch spannende, technisch geradezu perfekte, in den Stimmen präzis balancierte Aufnahme mit einem verschwenderischen Reichtum an Details – und doch zugleich eine Aufnahme, die die Befindlichkeit der Interpreten ein Stück zu weit stellt über die des Komponisten: Denn der war nicht so neurotisch, wie er hier dargestellt wird.
Alban Berg aber sehr wohl. Das passt nun wirklich wie die Faust auf’s Auge: das erschütterungsbereite Tetzlaff-Quartett und die Lyrische Suite, Bergs Einstand in die 12-Ton-Methode. Dass Christian Tetzlaff mit seinem Ensemble jede Note, jede kleinste Phrase auflädt, bis sie zu zerplatzen droht, die permanente Anspannung, die Ungeduld, die flackernde Dynamik, die in jeden Bogen tiefe Zacken schlägt: Diese Musik giert danach.
Raoul Mörchen, 15.11.2014
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