Resonus/in-akustik 05710879
(144 Min., 3, 6 & 12/2013) 2 CDs
Nur einer spielt, und er spielt einstimmig, denn er hält ein „Melodieinstrument“ in den Händen. Dennoch ist seine Musik nicht ein-fach, sondern komplexer als so manches sinfonisches Werk: Ein Paradoxon, wie es typisch ist für den Bereich des Musikalischen – aber wie kann das sein? Warum ziehen Bachs Cello-Suiten den sensiblen Hörer immer wieder so besonders intensiv in ihren Bann? Zunächst ist da die Intimität, die entsteht, wenn nur einer mit seiner Musik zum jeweils anderen einen spricht. Das hier im wahrsten Sinne „gesprochen“ wird, daran kann kein Zweifel bestehen: Bachs Musik ist auf so vielschichtige Weise rhetorisch angelegt, dass sie einem erstklassigen Interpreten wie David Watkin eine ganze Enzyklopädie an Auszusagendem an die Hand gibt – aber eben nonverbal, und damit macht die Musik den Interpreten zu einem Interpreten im Wortsinne. Er ist als derjenige, der für uns spielt, der erste „Deuter“ und Bereiter der Musik Bachs, und wir Hörer lassen uns durch sein Können und seine Erfahrung wiederum vor dem Hintergrund unserer eigenen Erfahrung zu unserer Deutung des Gehörten inspirieren. Im Falle der nur scheinbar einstimmigen, in Wirklichkeit aber komplex polyphonen Suiten für Cello bleibt für diesen Deutungsvorgang noch viel mehr Raum als etwa beim Spielen/Hören eines Klavierstücks. Und so lassen wir uns von David Watkin und dem Klang seiner beiden historischen Celli gern hineinführen in diese Klangwelt, die uns selbst noch so viel an tätiger Teilnahme am Gehörten abverlangt. Ein wunderbarer Vorgang, den der ungeheuer Bach-erfahrene Watkin auf optimale Weise anzustoßen vermag, denn Watkin kennt als einer, der u.a. an zahllosen Bachkantaten-Aufführungen mitgewirkt hat, den größer besetzten Bach aufs Umfassendste und vermag daher diese Tonsprache optimal in die Suiten hinein zu verdichten. Eine großartige CD.
Michael Wersin, 03.10.2015
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