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Quirlig und genau zuhörend gibt Stefano Bollani über sich Auskunft und freut sich auch an provokativen Fragen. Die Bezeichnung „Roberto Benigni des Jazzpianos“ löst bei ihm Begeisterung aus; als Pianist strebe er nach dem, was der Schauspieler und Regisseur für ihn so vorbildhaft verkörpere: die Freude am Spiel, die unverkennbar starke Individualität, die leise Poesie, den Sinn für Humor und das typisch Italienische.
Freude am Spiel bringt Bollani auch mit seinen frühen Kindheitserinnerungen in Verbindung. Sein Vater hörte besonders gern Fats Domino, Paul Anka und Nat King Cole, und der kleine Stefano, der mit sechs angefangen hatte, Klavier zu lernen, wollte Popsänger werden. Er schrieb dem Popsänger und Pianisten Renato Carusone und bekam zur Antwort, er solle zuerst einmal den Blues studieren, denn der sei die wichtigste Sache des Jahrhunderts. Stefano besorgte sich also entsprechende Platten, entdeckte dadurch Charlie Parker, Oscar Peterson und Art Tatum. Er verliebte sich in deren Spiel, das virtuose Technik mit der Kunst der Improvisation verbindet, und eiferte ihnen nach. Sein Lehrer, der Jazzpianist Luca Flores, spielte ihm dann Bill Evans’ Village Vanguard Sessions vor, und alsbald wurde der sein neuer Held. Trotzdem besuchte er das Konservatorium, wo er eine sehr strenge klassische Ausbildung erhielt, daneben gründete er mit 15 aber auch ein eigenes Jazztrio.
Nach dem Hochschuldiplom war er zunächst Keyboarder in Rock- und Popformationen, spielte aber weiter auch mit seinem Jazztrio. 1996 war Enrico Rava Gast bei einem Auftritt des Trios. Der Rest ist in Italien Legende: Rava berief den Pianisten in seine Gruppe; der gab seine Popkarriere auf und wurde schon bald als nationaler Jazzstar gehandelt.
Dabei ist Bollanis Musik unverkennbar von seinen frühen Erfahrungen geprägt. Nach wie vor liebt er Songs, ja er glaubt, dass die Songform so sehr Teil seines Unterbewussten sei, dass er Schwierigkeiten habe, den langen Improvisationen des ansonsten bewunderten Kollegen Keith Jarrett zu folgen; selber würden ihm Soloimprovisationen nie länger als fünf Minuten geraten. Überhaupt äußert sich Bollani zu Kollegen durchaus kritisch: Wenn es um konventionelle Formen des Modern Jazz gehe, seien die großen Interpreten klassischer Musik weit kreativer als viele Jazzmusiker. Bei Joachim Kühn und Cecil Taylor finde er die Idee interessant, ziehe sie aber dem Ergebnis vor; Thelonious Monk sei lange Zeit für ihn ein viel größerer Komponist als Pianist gewesen, jetzt bewundere er, wie da einer aus seinen Begrenztheiten eine ganze Welt erschaffen konnte. Sein Idol schließlich sei Miles Davis. Sich ein Leben lang zu verändern und sich doch selbst stets treu zu bleiben, das sei wonach auch er strebe.
Thomas Fitterling, RONDO Ausgabe 4 / 2006
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