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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Dmitri Schostakowitsch

Kammermusik

Petersen-Quartett, Ewa Kupiec

Capriccio/Delta Music 67 082
(10/2003) 1 CD

Eine glückliche Verbindung, glaubt man den Zeitzeugen: Der Komponist und Pianist Dmitri Schostakowitsch und das Glazunow-Quartett bildeten einige Zeit lang eine vortreffliche Einheit, wussten doch die vier vernünftigen Herren aus erster Quelle um die Intentionen des Schöpfers. Und so war es nur natürlich, dass sie es waren, die das erste, überaus talentierte Streichquartett des späteren Streichquartett-Königs Schostakowitsch im Oktober 1938 aus der Taufe hoben, und dass es auch die gleichen Musiker waren, die das g-Moll-Klavierquintett op. 57 zwei Jahre später (mit Schostakowitsch am Flügel) einer breiteren Öffentlichkeit vorstellten. Spürbar in beiden Werken die klassizistische Grundhaltung, spürbar aber auch der kompositorische und geistige Fortschritt, den Schostakowitsch in der kurzen Zeit durchmessen hatte. Ob allerdings die Freude des Schöpfers über die daraus resultierende Ehrung (ein Stalinpreis 1. Klasse) groß war, muss bezweifelt werden. Zu enorm waren die kulturpolitischen Verwerfungen, denen er sich im Vorfeld ausgesetzt sah, und die hörbar einen mäßigenden Einfluss auf seine Art zu komponieren ausübten.
Das Petersen-Quartett spürt in seiner Aufnahme beider Werke (mit Ewa Kupiec als etwas zu dezent agierender Pianistin im Opus 57) dem Verhältnis, die sie zueinander haben, glaubwürdig nach. Sind die Schroffheiten im ersten Streichquartett noch offenkundig Indiz für überschäumenden Willen zum Ausdruck, so kriecht die Musik im Klavierquintett gleichsam hinter ein imaginäres Sofa, um dort ihr Wesen zu entfalten. Ganz dünn ist in solchen Momenten der Streicherklang, so zerbrechlich wie das Leben selbst in dieser Zeit. Wie sehr diese die Seele des Komponisten erschütterte in den folgenden Kriegsjahren, das zeigt die berückende und beklemmende Darbietung des zweiten Streichquartetts von 1948, in dem die Hoffnung auf ein besseres Dasein kaum verhohlen in Zweifel gestellt ist, und so sie auftaucht, nur als Gespenst einer offiziellen Vernunft durch das Stück geistert. Eine tiefgehende, unter die Haut gehende Deutung, die den subtilen Intentionen des Komponisten absolut entspricht und somit an die großen Schostakowitsch-Interpretationen heranreicht. Anders gesagt: eine glückliche Verbindung zwischen Schöpfer und Interpret.

Jürgen Otten, 01.09.2007


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