Decca/Universal 478 2684
(70 Min., 11/2010)
Die vier Werke auf Julia Fischers neuer CD eint ein ähnliches Schicksal: Weil sie statt der gewichtigen Bezeichnung Konzert Titel wie Poème, Romanze und Fantasie tragen, werden sie zumeist als zweitrangige Stücke angesehen, die höchstens einmal hervorgeholt werden, um freien Restplatz auf einer CD zu füllen. Dabei sind sie alles andere als einfach, zumal die freiere, tendenziell weitschweifigere formale Anlage von Chaussons "Poème", Resphighis "Poema autunnale" oder auch Vaughan Williams "The lark ascending" vom Solisten einerseits eine stärkere Richtlinienkompetenz verlangt, ein zu straffer Zugriff jedoch andererseits wieder den Reiz der Freiheit und den Anschein des spontanen Musizierens zerstört. Gerade bei diesen beiden Stücken bleibt Julia Fischer etwas zu schüchtern. Im Gegensatz zu Josef Suks traditionellerer "Fantasie op. 24", deren dampfende Konzertdramatik ihr mehr entgegenkommt, kommt Fischer bei den hoch- und nachromantischen Treibhausblüten etwas schmallippig daher – auch ihr Dirigent, der kürzlich verstorbene Yakov Kreizberg, verhält sich eher loyal, als seine Solistin herauszufordern. Wie schon ihre Aufnahme des Tschaikowski-Konzerts gezeigt hatte, ist der große, üppig verströmende Ton, über den beispielsweise Hilary Hahn oder auch Vadim Repin verfügen, nicht Fischers Sache. Und die pathetische Eloquenz eines David Oistrakh, der einst den mäandernden Verlauf von Chaussons "Poème" zur Suche nach Sinn und Sinnlichkeit zugespitzt hatte, liegt ihr noch ferner. Und wir hören Julia Fischer auch in Zukunft lieber mit Bach und Mozart.
Jörg Königsdorf, 07.05.2011
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