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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Interview · Gefragt

(c) Anna Hoffmann

Max Emanuel Cencic

K.u.K.-Sänger

Andere lassen auf eine Rarität Populäres folgen. Doch der Countertenor setzt weiter auf Ausgefallenes – und leiht Königen und Kaisern seine Stimme.

Counter-Krösus Max Emanuel Cencic sieht es entspannt: „Ich finde es fad, den 20. ,Xerxes’ aufzunehmen, lieber mache ich den zweiten ,Ottone’.“ Das kann er so sagen, denn der Erfolg gibt ihm Recht und das Unternehmen kommt sowieso aus einer Hand: seiner eigenen. Seine Firma – Agentur, CD-Produktion, Opern-Impresariat – mit Namen „Parnassus Art Productions“ sitzt in Wien, er selbst wohnt inzwischen in Paris, bald auch in Madrid. Der 40-jährige Österreicher mit kroatischen Wurzeln befindet sich gegenwärtig auf der Höhe seiner Schaffenskraft. Er kann sich aussuchen, was er machen will – und das tut er auch.
„Händel soll es schon immer wieder sein, daran müssen wir uns messen, der ist unsere Wasserscheide“, sagt er als ein Künstler, der barock lebt und barock singt, aber auch das Zeitgenössische nicht meidet. Er liebt die Gleichzeitigkeit, singt selbst beinah parallel Rossini in Berlin, Händel in Wien und Hasse in Wiesbaden sowie Porpora in Krakau. Dessen Oper „Germanico in Germania“ hat er aufgenommen und tourt damit, seine neue Solo-CD mit weiteren Arien des neapolitanischen Komponisten spielt er gerade mit seiner Stammtruppe Armonia Atenea unter George Petrou in Athen ein. Und den Wiener Philharmoniker-Ball hat er als Mitternachts-Bonbon mit Donizetti zum Kochen gebracht.
Jetzt also folgt Händel auf Händel. Es sind aber zwei Raritäten, die sich einander als Neuheiten ablösen. Die Puderperücke auf dem Cover wird vom Adler auf dem Arm abgelöst, der späte „Arminio“ von 1737 von „Ottone“ aus der blühenden, der mittleren Periode des „caro sassone“. Beides Stoffe, die von Herrschern auf deutschem Boden handeln. Nach dem überwältigenden „Arminio“-Erfolg ist sich Cencic sicher, dass es auch bald um die Bedeutung des hier singenden Kaisers Otto II. besser stehen wird. „Es ist eine lange, schöne Oper, komponiert für den Starkastraten Senesino und die neu verpflichtete Francesca Cuzzoni in der Rolle seiner byzantinischen Braut Teofane. Die Titelrolle hat neun Arien. Wir haben das sogar mit Appendix aufgenommen, um wirklich vollständig zu sein.“
Weil er jemand ist, der gerne Leute zusammen bringt, musikalische Verhältnisse stiftet, hat Cencic erstmals George Petrou mit der italienischen Power-Formation Il Pomo d’Oro kombiniert. Der bewährte Counter-Kollege Xavier Sabata ist dabei, er brilliert in einer für den deutschen Kastraten Gaetano Berenstadt geschriebenen Partie. „Als Teofane wollte ich lange schon Lauren Snouffer, die ist ideal für die Cuzzoni-Rollen. Endlich hat es terminlich geklappt. Und auch Ann Hallenberg, mit der ich oft auftrete, stand ganz weit oben auf meiner CD-Besetzungsliste.“
Aufgenommen hat man im letzten Frühsommer, wie so oft in der idyllischen Villa San Fermo in Lonigo, das liegt im Hinterland von Verona. Dort ist es wie in einer Jugendherberge mit Musik. Es wird wunderbar gekocht, alle wohnen im Haus, nur abends geht man auf einen Drink in die ziemlich großstädtischen Bars im Städtchen. Max Emanuel Cencic hat seine eigene Masseuse dabei, die drapiert frische Früchte am Eingang zum roten Salon, wo die Studio-Mikros warten. Manchmal ist die Luft dort drinnen nicht nur aufgrund der Wärme wie zum Schneiden, und nicht jede Temperament- Entladung hat musikalische Wurzeln. „Das gehört auch dazu“, lacht Cencic. „Dafür wird dann die Aufnahme umso spannender.“

www.parnassus.at

Erscheint Mitte Mai:

Georg Friedrich Händel

Ottone

Max Emanuel Cencic, Lauren Snouffer, Ann Hallenberg, Xavier Sabata, Anna Starushkevych, Il Pomo d´Oro, George Petrou

Decca/Universal

Matthias Siehler, 15.04.2017, RONDO Ausgabe 2 / 2017



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